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Gesundheitsgefahr in der Wohnung!

Sucht man solche Begriffe im Internet, findet man neben unabhängiger Information natürlich auch werblich eingefärbte Seiten. Die Recherche führt bald zu Angeboten über Schadstoffmessungen auf die Ferne – Klärung ganz einfach und unglaublich billig.

Dabei handelt es sich lediglich um eine Analyse und um standardisierte Ergebnisse – da fängt die Arbeit bei uns im Büro erst richtig an! Internetlabors geben aber keine weiteren Einschätzungen und Ratschläge zum weiteren Vorgehen.

Nur der Käse in der Mausefalle scheint umsonst ...

Im Sachverständigenbüro erleben wir regelmäßig Kunden dieser Labore – ohne jeden Ansatz, was genau sie denn nun tun sollen. Besorgte Anfragen beim Internetlabor laufen ins Leere – dort berät man nur vor dem Kauf (wenn überhaupt).

Bei uns melden sich dann alarmierte Menschen, die überzeugt sind, in einer hochbelasteten Situation zu leben und ihren Lieben damit zu schaden. Allzu oft stellen wir nach mühevoller Nachbearbeitung der automatisierten Laborberichte fest, dass die Bewertungen in der Dramatik drastisch übertrieben sind.
Ob die chemische Analyse überhaupt richtig ist und welche Fehler möglicherweise bei Probenahme und Versand passiert sind – das bleibt sowieso offen.

1. Kinderzimmer schien wegen Labormurks „sehr auffällig“ – 1,5 Jahre Leerstand trotz Raumnot

„Es geht um ein Kinderzimmer, das seit über einem Jahr nicht nutzbar ist, daher ist es uns sehr dringend, Sie zu sprechen.“

(In der Folge des Laborberichts waren im Kinderzimmer sogar schon mehrere vergebliche Sanierungsversuche durchgeführt wurden. Eine verdächtige Wand war gleich abgefräst und neu aufgebaut worden – ohne dass der Raum endlich geruchsneutral geworden wäre.)

Die Bedenken kamen nach einem Neuanstrich des Kinderzimmers durch auffällige Gerüche. Ein Internetlabor verspricht „die Frage zu klären, ob … Gesundheitsbeschwerden oder unangenehme Gerüche im Raum auf erhöhte Konzentrationen … in der Luft zurückzuführen sind“ – das allerdings im Konjunktiv und damit juristisch unverbindlich.

Von der Laboruntersuchung aus dem Internet hatte sich die Familie eine gesundheitliche Bewertung der Raumluftprobe erwartet – letztlich, um die Quelle ausfindig zu machen und entfernen zu können. Nach Rücksendung der fragwürdigen Probenahmegerätschaft kamen dann Fachchinesisch und stolze 13 Seiten Bericht – bei näherer Betrachtung allerdings aus lauter Standardtexten automatisiert zusammengesetzt.

Eine fallbezogene Bewertung bedarf allerdings der Gesamtschau und Verknüpfung der Ergebnisse unter Beachtung des Einzelfalls. Genau das fehlte hier aber, dafür gab es alarmierende Informationen über „sehr auffällige Konzentrationen“ im Kinderzimmer:

Viele – zu viele – Seiten später:

Finde den Fehler!

Der Hammer ist hier, dass die Herrschaften vom Internetlabor den Wert nur deshalb als toxikologisch auffällig einstufen, weil er statistisch auffällig ist. Das ist vom Ansatz her leider grundfalsch.

Wenn statistisch auffällige Konzentrationen immer auch hygienisch bedenklich wären, dann wäre es ja beispielsweise schon schädlich an einer Blume zu riechen. Denn: Wir riechen ja etwas, wenn die Menge der Duftmoleküle höher als üblich – und damit statistisch auffällig ist.

Das hygienisch-toxikologische Beurteilungsschema bezieht hingegen die Schadwirkung der Stoffe und Stoffgruppen ein. Schließlich unterscheiden sich ja Benzin- und Blumenduft doch irgendwie in der Wirkung, oder?

Ohne den Zusammenhang ist alles nichts wert

Hier war Ethanol „sehr aufällig“. Ein Synonym wäre Trinkalkohol, oder ‚Schnaps‘ – häufiger Bestandteil von Desinfektionsmitteln.
Da wäre doch im Kontext der Pandemie der Hinweis wichtig gewesen, dass diese Auffälligkeit schlicht durch Handdesinfektion auftreten kann – und mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts, aber auch rein gar nichts mit dem Gebäude zu tun haben muss. Aber nein – hier man treibt den Kunden unnötig in Panik.

2. Völlig ungeeignete Analysen verkauft

„wir sind vor einem guten Jahr in eine neue Miet-Wohnung gezogen. Unser Vormieter war starker Raucher. Die Wohnung wurde renoviert. Die Wände entsprechend behandelt und mit Antinikotin-Farbe gestrichen. Die Parkettböden wurden abgeschliffen und neu versiegelt, die Türen wurden lackiert.

Trotzdem kann man immer noch einen Geruch wahrnehmen, wenn man von draußen in die Wohnung kommt.
Ich habe daher Raumanalysen mittels Selbsttests gemacht. Man hatte mir 3 verschiedene empfohlen, da Tabak sehr viele Schadstoffe beinhaltet. Leider handelt es sich lediglich um eine Analyse und um standardisierte Ergebnisse. Dieses Labor kann uns keine weiteren Einschätzungen und Ratschläge zum weiteren Vorgehen nennen.“

In diesem Fall wurde eine umfangreiche, aber für die Fragestellung völlig ungeeignete Analytik verkauft – Hauptsache verkauft. Wieder hat der Kunde Geld und vor allem Zeit und Lebensfreude verloren.

Ja, richtig – beim Rauchen, beim Verbrennen entsteht auch Formaldehyd. Das ist allerdings sehr flüchtig und es wurde ja schon wochenlang nicht mehr geraucht. Hätte man also Formaldehyd gefunden, hätte das unmöglich vom früheren Rauchen stammen können.
Löblicherweise wurde auch eine SVOC-Analyse verkauft. Ja – Nikotin ist ein SVOC, war in der Analyse aber überhaupt nicht inbegriffen.
Wie bitte?!

Raumluftergebnis à la Internetlabor

Hier wird der erschreckend auffällige Wert nach gleicher Masche viel weiter hinten im Fließtext als statistisch auffällig erklärt und daher sei er auch toxikologisch bedenklich.
Diesmal war es übrigens ein anderer Analysenhändler, scheinbar aber das selbe Labor.

Sieben Seiten Fließtext später kommt die Info:

Offensichtlich orientiert man sich hier ausnahmsweise wirklich an den hygienisch-toxikologisch abgeleiteten Richtwerten des UBA, denn nach diesen besteht hier „auch dann keine gesundheitliche Beeinträchtigung, wenn ein Mensch diesem Stoff (in dieser Konzentration) lebenslang ausgesetzt ist.“ Dafür macht der Automat gleich den nächsten Fehler: 2-Butoxyethanol auf Seite 3 mit 38,7 µg/m³ <> auf Seite 11 mit 5,23 µg/m³. Also: Bewertung hygienisch geht doch – aber warum dann oben rot? Zahlensalat, welcher Messwert darf’s denn nun sein? Multipliziert mit 7 oder geteilt durch 7 – suchen Sie sich was aus!

Jetzt haben wir schon zwei Widersprüche bei nur einem Stoff.

Selbst bei persönlicher Nachfrage beim Labor gab es keine Beratung dazu. Was machen die Kunden jetzt mit dem „sehr auffällig“, das noch dazu auf falschen Zahlen beruht?

Rhetorische Frage – natürlich macht sich die Familie Sorgen!

  • Beratung: Keine
  • Einschätzung: Keine
  • Ratschläge: Keine
  • Kosten: 450 € für hingerotzten Blödsinn

3. Grenzwerte überschritten!!! Gesundheitliche Syptome passen genau!!! Hilfe!!!

Der Begriff Grenzwert suggeriert eine allgemeine Gültigkeit, Gefährdung und gesetzliche Verbindlichkeit. Das ist hier aber nicht so, es sind lediglich laborinterne „Grenzwerte“ mit statistischer Ableitung. Da das beauftragte Internetlabor ja nicht berät, erfolgte die Anfrage an uns. Laut Bericht waren wieder knallrote „Grenzwerte“ überschritten und die substanzweise aufgelisteten Symptome waren so unspezifisch, dass sie praktisch immer bei „Atemwegen & Befinden“ gelten. Das macht man bei Horoskoptexten ähnlich und schon fühlt sich jeder gemeint.

Im Kleingedruckten hätte man lesen können, dass

  • die passenden Symptome bei HUNDERTFACH höheren Konzentrationen auftreten
  • der GRENZwert des beauftragten Labors bei einem DRITTEL der statistischen Auffälligkeit nach Umweltbundesamt angesetzt ist
  • der GRENZwert des beauftragten Labors bei einem ZWANZIGSTEL der auch bei lebenslanger Einwirkung unschädlichen Konzentration (nach UBA) angesetzt wurde.

Auf gut deutsch: Die knallrot hinterlegten Werte waren hygienisch völlig unbedeutend und sogar statistisch allenfalls schwach auffällig. Die Bewohner fühlten sich von „Abgasen in der Wohnung“ bedroht und fragen uns an wegen weiterem Vorgehen. Gleichzeitig waren sie aber nicht bereit die nötige Vorbereitung und Beratung zu honorieren.

Kostenlosen Käse gibt es nur in der Mausefalle – altes Sprichwort.

Fazit

Fall 4 ff. erspare ich Ihnen, das Problem ist deutlich geworden:
Ohne Sorgfalt, Sachverstand, Erfahrung und Engagement geht es nun mal nicht.

  • Wenn Sie sich also sehr viel Zeit und Energie für fehlgeleitete Sorgen nehmen wollen,
  • Geduld für langen Leerstand haben,
  • viel Geld in nicht zielführende Sanierungsversuche stecken möchten
  • und das alles nicht Ihre Lebensqualität schmälert
  • dann beauftragen Sie bitte einfach das allerbilligste Analytikbüro.

Deren Chaos können wir natürlich nicht kostenlos weiterbearbeiten. Wenn Ihnen also unabhängige Beratung kein Geld wert ist, dann googeln sie gerne weiter. Sicher gibt’s anderswo etwas ganz solides ganz umsonst.

Unsere Beratung – vorher, während und nachher

Wir arbeiten mit Ihnen zusammen Ihre Fragestellung heraus und bieten Ihnen dann die passende Vorgehensweise an – das muss nicht immer Analytik sein!

Telefonberatung

Zweitmeinung

 

Für die Zeichnung mit der Mausefalle danken wir ganz herzlich Roger Schmidt von www.karikatur-cartoon.de

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